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Gericht: Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 27.06.2005
Aktenzeichen: 5 K 1575/01
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 12 Nr. 1 Satz 2
EStG § 4 Abs. 4
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Aufwendungen des Klägers für eine Reise nach Bangkok und Hongkong in der Zeit vom 25. Dezember 1996 bis 5. Januar 1997, die er in Begleitung seiner Ehefrau zusammen mit dem Geschäftsführer einer Mandantin - Firma I GmbH in I - und dessen Ehefrau unternommen hat, als Betriebsausgaben abgezogen werden können.

Der Kläger ist Steuerberater und selbständig mit Geschäftssitz in I freiberuflich tätig. Seine Ehefrau ist als Angestellte ebenfalls in der Steuerberaterkanzlei des Klägers beschäftigt. Der Kläger erzielte im Streitjahr 1997 einen erklärten Gewinn von 354.889,00 DM bei Bruttoerlösen aus der Steuerberatungstätigkeit von 953.551,00 DM.

Anlässlich der Feststellungen einer beim Kläger im Jahr 2000 durchgeführten Außenprüfung für die Veranlagungszeiträume 1997 bis 1999, die im Übrigen nur zu geringfügigen Abweichungen von den erklärten Gewinnen führte, erkannte der Prüfer die Kosten einer Flugreise nach Bangkok und Hongkong in Höhe von 7.523,00 DM, welche der Kläger in der Gewinnermittlung für 1997 als Betriebsausgaben abgezogen hatte, nicht an. Nach Auffassung des Prüfers spreche gegen die berufliche Veranlassung der Flugreise die Tatsache, dass die Ehefrau des Klägers an der Reise teilgenommen habe, wobei die dafür angefallenen Kosten privat behandelt worden waren, wie auch der Reisetermin vom 25. Dezember 1996 bis 5. Januar 1997 und der Umstand, dass die Kosten der Reise dem Mandanten nicht weiterberechnet worden seien, obwohl es erfahrungsgemäß üblich sei, dass Kosten dieser Größenordnung, die auf Anlass des Mandanten entstanden seien, dem Mandanten auch weiterberechnet würden.

Im Rahmen der Gewährung rechtlichen Gehörs nahm der Kläger zu den vorgenannten Punkten mit Schriftsatz vom 26. August 2000, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 21 bis 23 der ESt-Akten), Stellung und führte aus: Die Reiseteilnahme seiner Ehefrau begründe nicht die Annahme einer privaten Veranlassung der Reise insgesamt; seine Ehefrau, mit der er seit 28 Jahren verheiratet sei, begleite ihn stets zu auswärtigen Terminen, womit auch seine Mandanten einverstanden seien; außerdem unterstütze ihn seine Ehefrau seit etwa 20 Jahren auf Grund ihrer beruflichen Fähigkeiten in seiner täglichen Arbeit. Auch der Termin der Reise sei beruflich veranlasst gewesen; seine Mandanten, welche ihn in jedem Fall bei der Reise dabei hätten haben wollen, hätten ihm den Termin freigestellt so dass er den Jahreswechsel gewählt habe, den er gewöhnlich zusammen mit seiner Ehefrau seit 20 Jahren in den Bergen verbringe, weil in dieser Zeit sein Büro geschlossen sei. Es sei ihm von Anfang an klar gewesen, dass er seinem größten Mandanten mit einem Jahresumsatz von rd. 40.000 bis 50.000 DM jährlich und das bereits 20 Jahre lang diesen Gefallen nicht abschlagen könne. Außerdem habe dieser ihm unmissverständlich erklärt, dass er das Entgegenkommen von ihm für eine 20 Jahre treue Mandantschaft erwarte. Eine Weiterberechnung der angefallenen Reisekosten sei für ihn nicht in Betracht gekommen, weil er üblicherweise auch sonst bestimmte Nebenleistungen seiner Beratungstätigkeit nicht gesondert in Rechnung stelle. Insoweit verzichte er jährlich etwa auf 100.000 DM zusätzlichen Umsatz zum Wohl seiner Mandanten; nicht anders sei er mit den angefallenen Reisekosten verfahren. Schließlich sei auch die Teilnahme an der Reise selbst beruflich veranlasst gewesen. Die Firma I GmbH, deren Inhaber die Eheleute W - die weiteren Reiseteilnehmer - seien, sei beauftragt worden, für das thailändische Königshaus handgefertigte Musterkameen anzufertigen und diese innerhalb eines halben Jahres persönlich in Bangkok vorzulegen. Gleichzeitig sei angekündigt worden, bei der Bemusterung mit einem Rechtsvertreter des Königshauses einen Liefervertrag zu schließen. Den Eheleuten W sei zugesichert worden, dass sie ihrerseits einen kompetenten Verhandlungspartner mitbringen dürften. Da die Eheleute W seit 20 Jahren auf seinen Rat hörten und nur ihm vertrauten, hätten sie ihn mit der Angelegenheit beauftragt; da es sich um ein zu erwartendes Geschäft der Größenordnung von mehreren Millionen DM gehandelt habe, sei für seine Mandanten außer ihm niemand für die Abwicklung in Frage gekommen. Denn er verfüge über Erfahrungen mit Verträgen mit Asiaten und seine Mandanten wollten nicht durch eine Indiskretion das Geschäft im Vorfeld verlieren. Jedenfalls hätten sich die Inhaber der Firma I GmbH nicht in der Lage gesehen, den Vertrag alleine zu gestalten, zumal bisher sämtliche Verträge von ihm erarbeitet worden seien. Aus dem Geschäft sei leider nichts geworden, da während der Verhandlungen der Rechtsvertreter des Königs und auch dessen Cousin einen Schlaganfall erlitten hätten und somit sämtliche Verhandlungen abgebrochen worden seien. Ferner habe die Firma I GmbH in Hongkong eine Teilhaberschaft oder eine Firmenübernahme mit Sicherung diverser Einkaufsquellen angestrebt, aus Angst davor, dass aus dem vormals britischen Hongkong nach Übernahme durch die Chinesen zum 1. Juli 1997 keine Billigeinkäufe mehr herauszubringen seien. Es habe zwar anlässlich der Reise keine Kooperation eingegangen werden können, da die finanziellen Forderungen zu hoch gewesen seien; jedoch hätten über den 1. Juli 1997 hinaus Lieferverträge abgeschlossen werden können, die bis heute Bestand hätten.

Durch Änderungsbescheid vom 4. Oktober 2000 änderte das beklagte Finanzamt nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung -AO- die Einkommensteuerveranlagung des Klägers und seiner Ehefrau für den Veranlagungszeitraum 1997 unter Berücksichtigung des entsprechend dem Ergebnisses der Prüfung erhöhten Gewinnes des Klägers aus freiberuflicher Tätigkeit und setzte die Einkommensteuer bei einem zu versteuernden Einkommen von 417.409,00 DM nach der Splittingtabelle auf 175.490,00 DM fest, woraus sich eine Nachzahlung von 4.522,00 DM Einkommensteuer ergab.

Gegen den Bescheid legte der Kläger rechtzeitig Einspruch ein und verwies zur Begründung auf seine Ausführungen, die er bereits in der Stellungnahme zum Außenprüfungsbericht gemacht hatte. Außerdem benannte er auf Aufforderung des Finanzamtes die Reiseteilnehmer und verwies wegen der Schilderung des Reiseverlaufes auf die beigefügte Rechnungskopie vom 9. Dezember 1996 (Bl. 46 der ESt-Akten), wonach dem Kläger für die Flugpassage "Frankfurt-Hongkong-Bangkok-Frankfurt" mit "Emirates/Thai" 6.040,00 DM und für den Hotelaufenthalt Hongkong und Bangkok 1.483,00 DM, insgesamt 7.523,00 DM, in Rechnung gestellt worden waren. Einen genaueren Reiseverlauf wollte der Kläger - so seine Ausführungen im Schriftsatz vom 8. März 2001 - nicht schildern, weil für ihn klar erkennbar sei, dass das Finanzamt seine Meinungsbildung zur Ablehnung der geltend gemachten Reisekosten bereits abgeschlossen habe.

In seiner Stellungnahme zum Rechtsbehelf des Klägers führte der Außenprüfer aus (Bl. 42 f. der ESt-Akten), er halte eine betriebliche Veranlassung bei der Reise des Klägers nicht für gegeben; es sei nicht überzeugend, dass er die Reise auf Veranlassung der Firma I GmbH unternommen habe; dabei handle es sich um ein über 20 Jahre existierendes Unternehmen der Edelsteinbranche (Rohsteinhandel) mit weltweiten Geschäftsverbindungen. Die Rohsteine würden in den Ursprungsländern Brasilien und Uruguay eingekauft und zum großen Teil in verarbeiteter Form in Drittländer (Kenia, Taiwan, Hongkong) exportiert. Bei den Gesamtumsätzen dieser Firma in der Größenordnung von 2,4 bis 2,8 Millionen DM, mit Auslandsanteilen von 1,2 bis 1,6 Millionen DM, werde deutlich, dass die Teilnahme von Herrn A (der Kläger, Anm. d. Neutralisierenden) zur Unterstützung des Unternehmers nicht erforderlich gewesen sei. Seit der Gründung sei Herr W Geschäftsführer des Unternehmens, aus dessen Entwicklung sei abzuleiten, dass Herr W ein erfahrener Geschäftsführer sei, der es verstünde, sich in allen Ländern und auf allen Märkten zu behaupten. Herr W sei mit Herrn A eng befreundet; in dieser Tatsache sei offensichtlich der Grund für die Teilnahme des Herrn A an der Geschäftsreise der Firma I zu suchen. Von Seiten der Firma I habe keine Veranlassung bestanden, den Kläger auf die Reise mitzunehmen, zumal er kein Englisch spreche und auch keine juristische Ausbildung habe. Nach Auffassung des Prüfers sei statt des sonst in der Familie A üblichen Winterurlaubs im Januar 1997 eine Hongkong-Bangkok-Reise durchgeführt worden; diese Aufwendungen dürften aber den Gewinn nicht mindern.

Mit Einspruchsentscheidung vom 29. März 2001 wies das beklagte Finanzamt den Rechtsbehelf des Klägers als unbegründet zurück und führte in der Begründung im Wesentlichen aus, eine ganz überwiegende berufliche Veranlassung der Reise des Klägers sei im vorliegenden Fall nicht festzustellen gewesen. Der Kläger habe es trotz ausdrücklicher Aufforderung abgelehnt, den genauen Reiseverlauf im außergerichtlichen Verfahren zu schildern; nach dem äußeren Erscheinungsbild der Reise sei nach dem bislang bekannten Sachverhalt eine private Mitveranlassung jedenfalls nicht auszuschließen, was sich schon daraus ergäbe, dass im Ausland mit den Orten Hongkong und Bangkok in Fernost attraktive Ziele auch privater Urlaubsbildungsreisen aufgesucht worden seien. Zudem spräche die Mitnahme der Ehefrau und die Wahl der Reisezeit zum Jahreswechsel während der üblichen Urlaubszeit der Eheleute A für eine private Mitveranlassung, ebenso wie die Tatsache, dass zwei befreundete Ehepaare eine 10-tägige Reise zusammen unternähmen. Hinzukomme, dass die Mandantin die Reisekosten ihres Steuerberaters getragen hätte, wenn dessen Teilnahme unerlässlich gewesen sei.

Mit der Klage wiederholt der Kläger sein Vorbringen im Besteuerungsverfahren und trägt ergänzend zu dem Punkt "Reisetermin 25.12.1996 bis 05.01.1997" vor, dass er diesen Termin deshalb gewählt habe, weil zwischen Weihnachten und Neujahr sein Büro sowieso geschlossen bleibe und er dadurch den wenigsten Ausfall habe. Denn es sei ihm von vornherein klar gewesen und auch von seinem Mandanten gefordert worden, dass er die Reise als Entgegenkommen zum Fortbestand seiner Firma unentgeltlich zu absolvieren hätte. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass die Länge der Reise von 10 Tage als Indiz für eine private Motivation angesehen werde. Da der Flug mit der Fluglinie "Emirates/Thai" gebucht gewesen sei, die Dubai jeweils als Zwischenstation anfliege, habe die Hin- bzw. Rückreise jeweils 2 Tage gedauert, so dass die tatsächliche Reiselänge 8 Tage betragen habe einschließlich der Sonn- und Feiertage. Die Zeit sei also sehr knapp bemessen gewesen. Der Verlauf der Reisetage hätte in Hongkong wie folgt ausgesehen: Aufstehen um 8 Uhr, Frühstück um 9 Uhr, 9.30 Uhr bis 10.30 Uhr Anwesenheit bei Herrn W, während dieser mit der "ganzen Welt" bzw. seiner Firma in I telefoniert und gefaxt habe, ab 11 Uhr erster Geschäftstermin, die in Hongkong sehr spät begännen, wobei die Firmen A, B, C, D, E, Fl. aufgesucht worden seien; jeweils von 11 bis ca. 13 Uhr belangloses "Geschwätz" wie es bei Asiaten üblich sei, bevor man auf den Geschäftspunkt komme; anschließend Mittagessen mit kompletter Firmenbesetzung bis hin zur Großmutter, an denen er als Verhandlungsführer habe teilnehmen müssen und leider von der Gegenseite als Gastfreundschaft auch erwartet worden sei; von ca. 15 bis 18.30 Uhr danach erneute konkrete Geschäftsverhandlungen anschließend ca. 2 Stunden Suche wegen Sortimentserweiterung und dann gegen 21 Uhr das Abendessen, womit der Tag geendet habe. Ebenso sei der Verlauf der Geschäftsbesuche in Bangkok gewesen; hier habe sich jedoch alles auf die königliche Familie Siam konzentriert, was sehr zeitraubend gewesen sei. Nachdem der Hauptverhandlungspartner der Königsfamilie einen Schlaganfall erlitten gehabt habe, seien alternativ noch folgende Firmen aufgesucht worden: G, H, J. Dieser ungewohnte Tagesablauf hätte dem Kläger alles abverlangt und ihm keinerlei Zeit für eine "private Lebensführung" gelassen. Auf die Reiseteilnahme seiner Ehefrau habe er nicht verzichten wollen, weil sie ausgebildete Bankfachfrau und früher in der Auslandsabteilung der Deutschen Bank tätig gewesen sei. Sie spräche besser Englisch als er und sei in Reiseangelegenheiten ebenfalls geschickter. Schließlich sei es üblich, dass ihn seine Ehefrau stets auf Reisen im Mandanteninteresse begleite. Den Grund, weshalb die Kosten nicht dem Mandanten weiterberechnet worden seien, habe er bereits im Besteuerungsverfahren geschildert; eine Weiterberechnung der Kosten von 7.523,00 DM sei ihm geradezu kleinlich erschienen, zumal die Kosten für den Flug nur deshalb so hoch gewesen seien, weil er - der Kläger - 1. Klasse geflogen sei, weil er an Durchblutungsstörungen im Gehirn und einem Venenleiden leide.

Zu den in der Einspruchsentscheidung als Wesentlich für eine private Mitveranlassung der Reise entsprechenden Gesichtspunkten trage er vor, zwar möge in der subjektiven Einschätzung der Sachbearbeiter des Finanzamtes I Hongkong und Bangkok attraktive Reiseziele sein, dies müsse jedoch noch lange nicht für die Familie W oder seine eigene Familie gelten; für ihn und seine Ehefrau seien Fernostreisen schon allein wegen des Essens kein Vergnügen. Außerdem sei die Stadt Bangkok ein solches "Dreckloch", dass er und seine Ehefrau am Abreisetag von 17 Uhr bis 22 Uhr im Hotel geblieben seien, obwohl die Möglichkeit zu einer Besichtigung bestanden hätte. Auch für die Eheleute W, den Gesellschaftern der Firma I, seien die Reiseziele nicht besonders attraktiv; sie seien geschäftlich ca. 7 Monate im Jahr an unterschiedlichen Orten im Ausland unterwegs, Frau W sei bereits 20 Mal in Hongkong und Bangkok und Herr W ca. 80 Mal dort gewesen. Außerdem könne die Reisedauer von 10 Tagen nicht als Grund für eine Ablehnung herangezogen werden.

Zum Reiseverlauf erklärt der Kläger, dass man sich 4 Tage in Hongkong aufgehalten habe und die Tageabläufe sich -wie schon beispielhaft geschildert - vollzogen hätten. Ihm und seiner Ehefrau, die ihn zu den geschäftlichen Terminen stets begleitet habe, habe etwa ein halber Tag zur freien Verfügung gestanden, der zu Besichtigungen genutzt worden sei. Der viertägige Aufenthalt in Bangkok sei überwiegend mit Warten auf die Abgesandten des Königshauses in der Hotellobby oder mit Begleitung des Herrn W bei seinen Geschäftsbesuchen verbracht worden.

Zur beruflichen Veranlassung der Reise führt der Kläger in der mündlichen Verhandlung aus, dass der Geschäftsführer der Firma I auf der Begleitung durch ihn (und seine Ehefrau) bestanden habe, weil er auf seine, durch langjährige Betreuung einer Reihe von Mandanten aus der Edelsteinbranche gewonnenen Erfahrungen und Kenntnissen über Abschlüsse von Lieferkontrakten mit ausländischen Edelsteinfirmen, Zahlungswege, Abwicklung der Geschäfte und Firmenbeteiligungen nicht habe verzichten, sondern darauf und seinen Rat vor Ort habe zurückgreifen und durch seine und seiner Ehefrau Begleitung auch mit einer möglichst großen Verhandlungsdelegation habe erscheinen wollen, weil dies von den asiatischen Geschäftspartnern auch erwartet werde.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid für 1997 vom 4. Oktober 2000 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. März 2001 zu ändern und weitere Betriebsausgaben in Höhe von 7.523,00 DM zum Abzug zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung, da die Klagebegründung keine neuen Gesichtspunkte enthielte, die eine anderweitige steuerrechtliche Beurteilung rechtfertigte. Für die Abzugsfähigkeit der Kosten sei die Schilderung einer betrieblichen Motivation zur Durchführung der Reise und die beispielhafte Schilderung eines Tagesablaufs während des Aufenthalts in Hongkong und Bangkok nicht ausreichend. Daraus sei die behauptete ausschließliche berufliche oder betriebliche Veranlassung nicht herzuleiten. Jedenfalls sei mit der beispielhaften Aufzählung der genaue Reiseverlauf nicht nachgewiesen.

Nach der Gesamtwürdigung aller Umstände sei die Verfolgung nicht unerheblicher privater Reiseinteressen nicht auszuschließen, was nach dem Aufteilungs- und Abzugsverbot zu § 12 Nr. 1 EStG die Berücksichtigung der Kosten als Betriebsausgabe ausschlössen.

Gründe

Die Klage ist teilweise begründet. Das aus § 12 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes -EStG- hergeleitete Aufteilungsverbot steht einem teilweisen Abzug der Reisekosten im Streitfall nicht entgegen.

Betriebsausgaben sind nach § 4 Abs. 4 EStG alle Aufwendungen, die durch den Betrieb - hier die freiberuflich ausgeübte Tätigkeit des Klägers als Steuerberater - veranlasst sind.

Nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG gehören zu den nicht abziehbaren Ausgaben auch solche Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, selbst wenn diese Aufwendungen zur Förderung des Berufs erfolgen. Nach bisheriger - allerdings im Schrifttum nahezu einhellig abgelehnter (vgl. insoweit Schmidt/Drenseck, EStG, 24. Aufl., § 12 Rdnr. 14) - Rechtsprechung verbietet diese Vorschrift zur Wahrung der steuerlichen Gerechtigkeit die Aufteilung und damit den Abzug von Aufwendungen, die sowohl der Lebensführung dienten als auch den Beruf fördern (allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot; vgl. BFH-Beschlüsse vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BStBl II 1971, 17 und vom 19. Oktober 1970 GrS 3/70, BStBl II 1971, 21; BFH-Urteil vom 12. September 1996 IV 36/96, BFH/NV 1997, 219).

Auslandsreisen können sowohl dem beruflichen Bereich als auch der privaten Lebensführung zugehören, sie sind jedoch nicht notwendig der Lebensführung zuzuordnen, sondern sind im Grund wertneutral, so dass die durch Auslandsreisen veranlassten Kosten je nach ihrer gewillkürten Zweckbestimmung im Einzelfall steuerlich abziehbar und im Grunde auch im Schätzungswege aufzuteilen sein können, weil für sie - jedenfalls nach dem Wortlaut des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG - das Aufteilungsverbot nicht gilt (vgl. auch Offerhaus, De­u­tsc­h­es Steuerrecht 2005, 446 m.w.N.). Gleichwohl bejaht der Bundesfinanzhof wegen des genannten Aufteilungsverbotes die Abziehbarkeit von Reisekosten als Betriebsausgaben (bzw. Werbungskosten) nur dann, wenn die Reisen ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend im beruflichen Interesse unternommen werden und die Verfolgung privater Interessen im Sinne des § 12 Nr. 1 EStG wie z.B. die Erholung, Bildung und Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises nach dem Anlass der Reise, dem vorgesehenen Programm und tatsächlichen Durchführung nahezu ausgeschlossen ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 27. November 1978, GrS 8/77, BStBl II 1979, 213; BFH-Urteil vom 31. Januar 1997 VI R 72/95, BFH/NV 1997, 476). Andernfalls sollen die gesamten Reisekosten nicht abziehbar sein, soweit sich nicht ein durch den Beruf veranlasster Teil nach objektiven Maßstäben sicher und leicht abgrenzen lässt, wie z.B. Tagungsgebühren oder ähnliches (BFH-Urteil vom 14. Juli 1988 IV 57/87, BStBl II 1989, 19 und vom 21. Oktober 1996 VI R 39/96, BFH/NV 1997, 469).

Für die Beurteilung der Frage, ob für eine Reise in nicht unerheblichem Umfang Gründe der privaten Lebensführung eine Rolle gespielt haben, hat die Rechtsprechung in erster Linie auf den Zweck der Reise abgestellt. Reisen, denen offensichtlich ein unmittelbarer beruflicher Anlass zu Grunde liegt, wie z.B. das Aufsuchen eines Geschäftspartners, das Halten eines Vortrags auf einem Kongress oder die Durchführung eines Forschungsauftrags, sind in aller Regel ausschließlich der beruflichen Sphäre zuzurechnen, selbst wenn solche Reisen in mehr oder weniger großem Umfang auch zu privaten Unternehmungen genutzt werden können. Deren Bedeutung trete dann in den Hintergrund, wenn die Verfolgung privater Interessen nicht einen Schwerpunkt der Reise bildet (vgl. auch BFH-Urteil vom 23. Januar 1997 IV 39/96, BStBl II 1997, 357). Liegt der Reise ein solcher Anlass nicht zu Grunde, müssen die jeweils für eine berufliche oder private Veranlassung sprechenden Beurteilungsmerkmale gegeneinander abgewogen werden. Eine Qualifizierung als Betriebsausgaben scheidet bereits dann aus, wenn das Hineinspielen der Lebensführung ins Gewicht fällt und nicht nur von ganz untergeordneter Bedeutung ist (BFH-Beschluss vom 14. August 1996 VI B 104/96); ein bloßes Überwiegen der beruflichen Veranlassung gegenüber den privaten Elementen reicht nicht aus. Die gesamten Reisekosten sind dann nicht abziehbar, soweit nicht ein durch den Beruf veranlasster Teil nach objektiven Maßstäben sicher und leicht abgrenzbar ist (BFH/NV 1997, 108). Dabei sind an den vom Steuerpflichtigen zu erbringenden Nachweis des beruflichen Charakters der Reise strenge Anforderungen zu stellen, so dass allein die Behauptung einer ausschließlichen oder nahezu ausschließlichen beruflichen oder betrieblichen Veranlassung noch nicht zur Abziehbarkeit der Reisekosten führt, wobei auch die Darlegung eines allgemeinen beruflichen Interesses nicht ausreicht. Die Feststellungslast (objektive Beweislast) dafür, dass die Reise nahezu ausschließlich beruflich veranlasst ist und dass eine private Mitveranlassung ausgeschlossen ist, trifft den Steuerpflichtigen. Denn nach den Regeln der Feststellungslast geht die Unerweislichkeit entscheidungserheblicher steuerbegründender Tatsachen zwar zu Lasten der Finanzbehörde, diejenige für steuerbefreiende oder steuermindernde Tatsachen aber zu Lasten des Steuerpflichtigen. Im Zweifelsfall sind daher Kosten für eine Auslandsreise, die nicht einem konkreten beruflichen Anlass zugeordnet werden kann, sondern deren Veranlassung sowohl die berufliche Sphäre als auch die Sphäre der privaten Lebensführung des Steuerpflichtigen tangiert und bei denen es zu Überschneidungen im Veranlassungsbereich kommt, im Zweifelsfall nicht abziehbar.

Im Streitfall lässt sich ein offensichtlich unmittelbarer beruflicher Anlass für die Auslandsreise des Klägers nach Hongkong und Bangkok in Begleitung seiner Ehefrau auch nach dem Vorbringen des Klägers im finanzgerichtlichen Verfahren nicht hinreichend sicher feststellen. Zwar trägt der Kläger vor, Grund für die Reise sei die Begleitung des Geschäftsführers einer langjährigen und bedeutenden Mandantin gewesen, der dies als Entgegenkommen im Hinblick auf das Mandantenverhältnis erwartet habe. Auch trägt der Kläger vor, der Geschäftsführer seiner Mandantin sei nach Bangkok und Hongkong gereist, um dort eine Schmuckkollektion dem Königshaus Siam mit der Aussicht auf einen bedeutsamen Geschäftsabschluss zu präsentieren und um die Chancen für eine Firmenbeteiligung oder den Abschluss langfristiger Lieferverträge in Hongkong im Hinblick auf die bevorstehende Machtübernahme durch die Volksrepublik China zu sondieren, und der Geschäftsführer seiner Mandantin habe dabei auf ihn als Berater nicht verzichten wollen. Andererseits ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers jedoch auch, dass er in der Auswahl des Reisetermins frei war, er dafür die Zeit seines üblichen Urlaubes während des Jahreswechsels wählte, um den geschäftlichen Ausfall möglichst gering zu halten, und dass er eine Vergütung entsprechend der berufsständischen Gebührenordnung dafür nicht erwarten durfte und er auch keinen Ersatz für die ihm entstehenden Kosten bekommen sollte. Schließlich steht auch fest, dass der Kläger und seine Ehefrau mit dem Geschäftsführer und dessen ihn begleitende Ehefrau nicht nur in geschäftlichem, sondern auch in freundschaftlichem und somit gesellschaftlichem Kontakt standen. Danach hat es zwar für die Reise auch einen konkreten, der freiberuflichen Tätigkeit des Klägers zuzuordnende Anlass gegeben, weil der Kläger - wie er in der mündlichen Verhandlung überzeugend vorgetragen hat - durch seine Beratungstätigkeit für eine Reihe von Firmen der Edelsteinbranche über große Erfahrungen auch bei Geschäftsabschlüssen mit Partnern aus dem asiatischen Raum und deren Abwicklung verfügt und der Geschäftsführer seiner Mandantin nicht auf seinen Rat vor Ort hatte verzichten wollen, mag dies vordergründig auch nicht unbedingt zu dem im Steuerberatungsgesetz umschriebenen Aufgabenbereich der Hilfe in Steuersachen gehören. Unübersehbar ist jedoch auch, dass in den Entschluss, die Eheleute W auf ihrer Reise nach Fernost zu begleiten, Gründe eingeflossen sind, die dem Bereich der privaten Lebensführung zuzuordnen sind, wie die freundschaftliche bzw. gesellschaftliche Verbundenheit, die Mitnahme der Ehefrau und die Wahl des Termins der Reise zu einem Zeitpunkt, in dem üblicherweise der Kläger und seine Ehefrau einen Teil ihres Jahresurlaubes auswärts verbracht haben. Bei objektiver Betrachtungsweise ist es auch nicht von der Hand zu weisen, dass es sich bei Bangkok und Hongkong um Reiseziele handelt, die auch von Steuerpflichtigen aus ausschließlich privaten Motiven und touristischem Interesse aufgesucht werden, so dass auch solche Gesichtspunkte in den Reiseentschluss eingeflossen sein dürften. Bei dieser Sachlage kann zur Überzeugung des Senats nicht von einer nahezu ausschließlichen beruflichen Veranlassung der Reise ausgegangen werden. Dies gilt umso mehr, als der Kläger selbst einräumt, dass ihm Gelegenheit zu Besichtigungsfahrten gegeben war, mag er sie auch mit Rücksicht auf die örtlichen Verhältnisse, die er subjektiv als nicht tragbar eingeschätzt haben mag, nicht im möglichen Umfang wahrgenommen haben.

Unter diesen Umständen wären nach den dargestellten Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung die gesamten Reisekosten nicht abziehbar, weil sich keine Kostenteile feststellen lassen, die sich nach objektiven Maßstäben sicher und leicht als ausschließlich beruflich veranlasst abgrenzen ließen.

Gleichwohl ist der Senat im Hinblick auf die gewichtigen, in der Literatur vorgetragenen Bedenken gegen die strikte Anwendung des Aufteilungsverbotes in solchen Fällen durch die Rechtsprechung (vgl. Offerhaus, De­u­tsc­h­es Steuerrecht 2005, 446 m.w.N.) und mit Rücksicht auf die vom Senat für zutreffend gehaltenen Ausführungen des Finanzgerichts Köln im Urteil vom 21. Juni 2001 10 K 6288/96 (EFG 2001, 1186) der Ansicht, dass eine schätzungsweise Aufteilung der geltend gemachten Aufenthaltskosten im Hotel sowie der Flugkosten zu erfolgen hat.

Für eine schätzungsweise Aufteilung etwa im Verhältnis der Aufenthaltstage, die - nachgewiesenermaßen - mit berufsbezogenen Tätigkeiten ausgefüllt waren und der Aufenthaltstage, die für private Zwecke zur Verfügung standen und genutzt wurden, ist grundsätzlich die Darlegung des konkreten Reiseverlaufs notwendig, und zwar bezogen auf den vorliegenden Fall unter Darstellung der einzelnen geschäftlichen Tätigkeiten der Mandantin bzw. der ihr zuzuordnenden Beratungstätigkeit des Klägers im Einzelnen. Dies ist zwar - trotz Aufforderung des Beklagten im Verwaltungsverfahren - dort nicht geschehen; der Kläger hat aber im Klageverfahren dargestellt wie beispielhaft ein Tag in Hongkong abgelaufen und mit geschäftlichen Besuchen des Geschäftsführers seiner Mandantin ausgefüllt gewesen ist, hat die mit dem Geschäftsführer seiner Mandantin aufgesuchten Geschäftspartner benannt und hat in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Senats glaubhaft gemacht, dass die vier Aufenthaltstage in Hongkong weitgehend in ähnlicher Weise durch geschäftsbezogene Angelegenheiten seiner Mandantin ausgefüllt waren, so dass für private Unternehmungen nur wenig Zeit verblieben ist. In ähnlicher Form hat der Kläger den Ablauf des Aufenthaltes in Bangkok konkretisiert. Dies reicht zur Überzeugung des Senats aus, um daraus einen quantitativ greifbarer Aufteilungsmaßstab jedenfalls insofern herzuleiten, dass mindestens die Hälfte der in Hongkong und Bangkok verbrachten Reisetage für den Kläger mit beruflichen Tätigkeiten im Rahmen seiner Beratungsaufgaben für seine Mandantin ausgefüllt waren. Dem entsprechend war die schätzungsweise Aufteilung der Reisekosten des Klägers vorzunehmen und die Hälfte davon dem betrieblichen Bereich zuzuordnen. Damit sind nach Ansicht des Senats die verbliebenen Unsicherheitsfaktoren hinreichend zu Lasten des darlegungs- und nachweispflichtigen Klägers berücksichtigt, der es versäumt hat, Beweisvorsorge zu treffen und den Reiseverlauf sowie den Verlauf der einzelnen Aufenthaltstage etwa durch ein Zeitprotokoll zu belegen.

Soweit danach das Finanzamt den Betriebsausgabenabzug gänzlich versagt hat, sind der Einkommensteuerbescheid und die ihn bestätigende Einspruchentscheidung rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Nach § 100 Abs. 2 S. 3 FGO war deshalb die Änderung des Steuerbescheids in der Gestalt der Einspruchentscheidung auszusprechen und dem Finanzamt die Neuberechnung der Steuer nach Maßgabe des Tenors und der Entscheidungsgründe zu übertragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zugelassen worden, weil der Senat - wie in den Urteilsgründen dargelegt ist - von der bisherigen Rechtsprechung des BFH abweicht und das Revisionsverfahren VI R 94/01 zu einer ähnlichen Rechtsfrage im Bereich der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit noch nicht abgeschlossen ist

Anmerkung

Revision eingelegt (BFH IV R 52/05)

Ende der Entscheidung

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